Employer Branding: Vorher-Nachher-Effekte und die Erfolgsrezepte dahinter

Vier Unternehmen, vier Erfolgsgeschichten, ein Ziel

Employer Branding ist längst mehr als ein „nice to have“. Es ist die Brücke zwischen einem Unternehmen und den Talenten, die es prägen können. Doch was passiert, wenn Unternehmen ihre Arbeitgebermarke gezielt stärken? In diesem Artikel stellen wir vier inspirierende Fallstudien vor – von Kliniken bis zu globalen Beratern – und zeigen, wie eine strategische Ausrichtung echten Wandel bewirken kann.

Case Study 1: Klinikum Dortmund – Ein TikTok-Star im Gesundheitswesen

Vorher: Der Kampf um Fachkräfte
Das Klinikum Dortmund, eines der größten kommunalen Krankenhäuser Deutschlands, hatte mit denselben Herausforderungen zu kämpfen wie viele im Gesundheitswesen: Fachkräftemangel, ein eher konservatives Image und wenig Aufmerksamkeit bei jungen Zielgruppen. Gerade in einer Branche, die oft mit Überlastung und wenig attraktiven Arbeitsbedingungen assoziiert wird, fiel es schwer, Nachwuchskräfte anzuziehen.

Der Wendepunkt: Mut zur Authentizität
Im Jahr 2019 entschied sich das Klinikum zu einem mutigen Schritt: Social Media sollte zum zentralen Kanal werden, um junge Talente anzusprechen. Doch statt auf sterile Werbeanzeigen setzte das Klinikum auf Authentizität, Humor und Nähe – und wählte TikTok als Plattform.

Der Anfang war holprig: Es brauchte Zeit, das richtige Maß zwischen Professionalität und Lockerheit zu finden. Doch unter dem Hashtag #spaßbeiderarbeit entwickelte sich eine Serie humorvoller, oft selbstironischer Videos, die das Klinikpersonal im Alltag zeigen – vom Chirurgen über die Krankenschwester bis hin zur Verwaltung.

Ein Highlight war ein Video, in dem eine Pflegekraft im OP-Saal mit einem Wischmopp tanzt, während ein Arzt im Hintergrund rhythmisch nickt – natürlich alles mit der humorvollen Botschaft, dass Arbeit im Klinikum Dortmund Spaß machen kann.

Ergebnisse: Von grauer Maus zum TikTok-Star
Die Zahlen sprechen für sich: Heute hat das Klinikum über 80.000 Follower auf TikTok und erreicht Millionen junger Menschen mit seinen Beiträgen. Diese Reichweite hat direkte Auswirkungen:

• Das Image des Klinikums hat sich komplett gewandelt – von einem „normalen Arbeitgeber“ hin zu einem kreativen, menschennahen Gesundheitsdienstleister.

Die Erfolgsfaktoren? Mut zu unkonventionellen Methoden, ein tiefes Verständnis der Zielgruppe und das Vertrauen, dass Authentizität mehr zählt als Perfektion.

Case Study 2: Techniker Krankenkasse – Ein Traditionsunternehmen im digitalen Glanz

Vorher: Veraltet und unattraktiv
Die Techniker Krankenkasse (TK) war lange ein Synonym für Zuverlässigkeit und Sicherheit. Doch mit der zunehmenden Digitalisierung und der wachsenden Bedeutung von Social Media veränderten sich die Erwartungen von jungen Talenten. Tradition allein war nicht mehr ausreichend, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

Das Unternehmen stand vor der Herausforderung, sich vom „langweiligen Versicherer“ zu einem modernen, zukunftsorientierten Arbeitgeber zu wandeln – und das vor allem für Digital Natives.

Die Strategie: Employer Branding mit Innovationsfokus
Die TK ist einer der Vorreiter im Thema Employer Brandind und setzt auf eine umfassende Employer-Branding-Kampagne mit drei Säulen:

1. Digitale Transformation: Überarbeitung der Karriereseite mit interaktiven Elementen, darunter ein „Job-Matching-Tool“, das Interessenten eine Vorauswahl an passenden Stellen basierend auf ihren Fähigkeiten und Werten bietet.
2. Social Media Offensive: Die TK setzte auf Instagram, LinkedIn und YouTube, um mit humorvollen und inspirierenden Videos die Aufmerksamkeit junger Fachkräfte zu gewinnen. Ein beliebtes Video zeigte etwa, wie ein vermeintlich verstaubtes Büro mit einem „digitalen Zauberstab“ in einen kreativen Co-Working-Space verwandelt wird.
3. Mitarbeitergeschichten: Mitarbeitende wurden als Markenbotschafter in den Mittelpunkt gestellt, um authentische Einblicke in den Arbeitsalltag zu bieten.

Nachher: Innovativ, nahbar, erfolgreich
Die Ergebnisse waren beeindruckend:

• Das Unternehmen erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter 2018 den "Top National Arbeitgeber"-Preis von Focus Money

Lessons Learned
Die TK zeigt, wie wichtig es ist, eine klare Botschaft zu formulieren: „Wir sind modern, innovativ und trotzdem nahbar.“ Der Mix aus digitalen Tools und menschlichen Geschichten hat das Unternehmen vom traditionellen Image befreit und zu einem Vorzeigeprojekt im Employer Branding gemacht.

Case Study 3: Lufthansa – Die Macht authentischer Geschichten

Vorher: Ein Arbeitgeber im Wettbewerb um Talente
Lufthansa ist ein globaler Gigant in der Luftfahrtbranche, doch Größe allein reicht nicht aus, um im „War for Talents“ zu bestehen. Der Luftfahrtsektor stand in den letzten Jahren vor massiven Herausforderungen: von der wirtschaftlichen Unsicherheit durch die Pandemie bis hin zu einem harten Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte wie Piloten, Techniker und IT-Experten.

Das Image der Lufthansa war solide, aber eher neutral. Während langjährige Mitarbeiter die Marke schätzten, fehlte es an Anziehungskraft auf junge Talente und Digital Natives. Es galt, die Lufthansa nicht nur als Arbeitgeber zu präsentieren, sondern als ein Unternehmen, das Leidenschaft, Abenteuer und Gemeinschaft vereint.

Der Wendepunkt: Geschichten, die Menschen berühren
Im Jahr 2021 startete Lufthansa die Kampagne "We are Lufthansa", die auf das Erzählen authentischer Mitarbeitergeschichten setzte. Die Strategie beruhte auf drei wesentlichen Elementen:

1. Mitarbeiter als Markenbotschafter:
   Statt auf Hochglanz-Werbung setzte Lufthansa auf authentische Berichte aus dem Arbeitsalltag. Piloten, Kabinenpersonal, Techniker und Mitarbeitende aus der IT erzählten ihre persönlichen Geschichten. Zum Beispiel teilte eine Flugbegleiterin ihre Erfahrungen, wie sie während der Pandemie Passagiere betreute, die dringend reisen mussten – ein emotionaler Einblick, der die Menschlichkeit hinter der Marke zeigte.

2. Multikanale Ansprache:
   Diese Geschichten wurden auf verschiedenen Plattformen verbreitet: YouTube-Videos, Instagram-Posts, LinkedIn-Beiträge und interne Kommunikationskanäle. Jede Geschichte war darauf ausgelegt, die Werte des Unternehmens zu spiegeln: Verlässlichkeit, Leidenschaft und globale Zusammenarbeit.

3. Virtuelle Events und direkte Interaktion:
   Lufthansa organisierte virtuelle Karrieremessen, bei denen Interessierte direkt mit Mitarbeitenden sprechen konnten. Diese Events wurden als Plattform genutzt, um die Geschichten hinter den Kulissen zu teilen und Fragen offen zu beantworten.

Nachher: Vom Arbeitgeber zur Community
Die Effekte der Kampagne waren beeindruckend: Lufthansa bewies, dass Employer Branding keine künstliche Fassade sein muss. Authentische Geschichten, die emotional berühren und die Werte des Unternehmens spiegeln, sind effektiver als jeder Werbespot. Der Fokus auf Menschlichkeit und globale Zusammenarbeit hob die Marke deutlich von Wettbewerbern ab.

Case Study 4: McKinsey – Mehr Frauen in die Führungsetagen

Vorher: Ein diversitätsarmer Ruf
McKinsey ist eine der renommiertesten Unternehmensberatungen weltweit. Doch wie viele Beratungsunternehmen kämpfte auch McKinsey mit einem Imageproblem: Die Führungsriege war lange Zeit von Männern dominiert, und die Diversität insgesamt ließ zu wünschen übrig.

Die Zahlen sprachen für sich: Während Frauen gut 40 % der Einsteigerpositionen besetzten, waren nur 15 % der Führungspositionen weiblich. Dieses Ungleichgewicht führte nicht nur zu negativen Schlagzeilen, sondern schreckte auch qualifizierte Bewerberinnen ab.

Die Wende: Das Female Leadership Programm
Um gezielt mehr Frauen für Führungspositionen zu gewinnen, startete McKinsey 2020 eine umfassende Initiative, die mehrere Maßnahmen kombinierte:

1. Female Leadership Programme:
   McKinsey führte ein strukturiertes Mentoring-Programm ein, das talentierte Frauen mit Führungskräften vernetzte. Ziel war es, Frauen gezielt auf Führungsrollen vorzubereiten und sie bei der Karriereentwicklung zu unterstützen.

2. Flexibilität und Vereinbarkeit:
   In einer Branche, die für ihre langen Arbeitszeiten berüchtigt ist, schuf McKinsey flexible Arbeitszeitmodelle und bot Homeoffice-Optionen an, um die Vereinbarkeit von Familie und Karriere zu erleichtern.

3. Transparenz und Vorbilder:
   McKinsey stellte erfolgreiche weibliche Führungskräfte in den Mittelpunkt ihrer Employer-Branding-Kampagnen. In einem viel beachteten LinkedIn-Post berichtete eine Partnerin bei McKinsey, wie sie ihre Karriere und Mutterschaft erfolgreich vereinbart hat – ein inspirierendes Beispiel für viele.

Ein Schlüsselprojekt:
Ein Highlight war eine Karrieremesse, die ausschließlich auf weibliche Talente zugeschnitten war. Mit dem Titel „Women Who Lead“ bot McKinsey nicht nur Vorträge von Top-Führungskräften, sondern auch Networking-Gelegenheiten und Workshops zu Themen wie Verhandlungsführung und Work-Life-Balance.

Lessons Learned
McKinsey bewies, dass nachhaltige Veränderungen Zeit und Engagement erfordern – aber auch, dass sie möglich sind. Durch gezielte Förderung, Transparenz und die Schaffung eines unterstützenden Umfelds konnte das Unternehmen nicht nur seinen Ruf verbessern, sondern auch echte Fortschritte in der Diversität erzielen.

So setzen Sie Employer Branding erfolgreich um

Die Erfolgsgeschichten zeigen: Employer Branding ist keine Einheitslösung. Jedes Unternehmen braucht eine individuell abgestimmte Strategie. Mit diesen Schritten legen Sie den Grundstein für Ihre eigene Employer-Branding-Kampagne:

1. Ihre Zielgruppe kennen

• Welche Talente wollen Sie ansprechen?
• Was sind die Werte und Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe (z. B. Work-Life-Balance, Diversität, Innovation)?

2. Authentizität als Kern Ihrer Strategie

• Nutzen Sie echte Geschichten Ihrer Mitarbeitenden, um glaubwürdig zu bleiben.
• Social Media, Videos und Blogbeiträge sind ideale Formate, um Einblicke zu geben.

3. Digitalen Fußabdruck stärken

• Optimieren Sie Ihre Karriereseite mit interaktiven Tools wie Job-Matching oder virtuellen Rundgängen.
• Seien Sie auf Plattformen präsent, die Ihre Zielgruppe nutzt (z. B. TikTok, LinkedIn, Instagram).

4. Mitarbeiter einbinden

• Ihre Mitarbeitenden sind die besten Markenbotschafter. Geben Sie ihnen eine Plattform, um ihre Geschichten zu erzählen.
• Schaffen Sie interne Events oder Social-Media-Kampagnen, bei denen Mitarbeitende im Fokus stehen.

5. Erfolg messen und anpassen

• Nutzen Sie KPIs wie Bewerberzahlen, Engagement-Raten oder Mitarbeiterzufriedenheit, um den Erfolg Ihrer Maßnahmen zu bewerten.
• Passen Sie Ihre Strategie regelmäßig an, um auf neue Trends und Bedürfnisse zu reagieren.

Fazit:
Employer Branding ist ein mächtiges Werkzeug, um Talente zu gewinnen und zu binden. Die Beispiele von Klinikum Dortmund, Lufthansa, TK und McKinsey zeigen, wie vielfältig und wirkungsvoll die Ansätze sein können. Mit einer klaren Zielgruppenansprache, authentischen Geschichten und einer durchdachten digitalen Präsenz schaffen auch Sie die Grundlage für eine starke Arbeitgebermarke.

Jetzt sind Sie am Zug: Welche Geschichte wollen Sie erzählen?